Interkommunale Zusammenarbeit- ein Ausweg und „eine Rettung“ für die Probleme der Kommunen? Ein Interview mit Claus Spandau, Leiter die IKZ-Zentrums Hessen

Die Veranstaltung mit Claus Spandau war als eine Abendveranstaltung mit Einladung der Öffentlichkeit gedacht. Bedingt durch die Corona-Pandemie hat die CDU Heuchelheim-Kinzenbach daraus ein Zwiegespräch zwischen dem Fragesteller und Claus Spandau gemacht. Das Gespräch führte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Mirko Nowotny:

Frage M.N.: Herr Spandau, stellen Sie sich bitte kurz vor. Wer sind Sie, und was haben Sie bisher gemacht?

Antwort C.S.: Mein Name ist Claus Spandau, ich bin 1955 geboren und stamme nicht von hier, sondern ich bin gebürtig aus Niedersachsen. Mein Heimatdorf liegt im Harzvorland unweit der Stadt Goslar. Dort war ich kommunaler Beamter, bevor ich nach Hessen gekommen bin. 1991 wurde ich zum Bürgermeister der Stadt Laubach gewählt und bekleidete dieses Amt für volle drei Wahlperioden. Von daher kann ich mit Fug und Recht behaupten dass ich einen Einblick in die Sorgen und Nöte unserer Kommunen habe.

Frage M.N.: Sie gelten ja hier in Hessen als der „IKZ-Beauftragte“- was steckt denn dort dahinter?

Antwort C.S.: Ja, das stimmt- bei den allermeisten Menschen bin ich als der IKZ-Beauftragte bekannt. Meine offizielle Stellenbeschreibung ist aber „ Leiter der kommunalen Beratungszentrums Hessen- Partner der Kommunen“. Wir haben dabei zwei Hauptaufgabenfelder- zum einen ist das die kostenlose und unentgeltliche Beratung in Haushaltsdingen für Kommunen, wir geben Tipps für Einsparungen und Verbesserungen. Und zum anderen ist natürlich die Beratung aller Städte und Gemeinden in Sachen interkommunaler Zusammenarbeit IKZ.

Frage M.N.: Ist ihre Tätigkeit umstritten? Gibt es Fraktionen, die gegen Sie arbeiten?
Antwort C.S.(lacht): Nein, das ist das Schöne an der Aufgabe- die Leute freuen sich, wenn wir kommen, denn es gibt ja gute Hilfestellung und oft sogar Fördermittel. Wir machen das überparteilich und genießen daher in alle Richtungen Vertrauen.

Frage M.N.: Um einmal zum Thema zu kommen- welche Vorschläge haben Sie denn für eine interkommunale Zusammenarbeit?

Antwort C.S.: Generell eignen sich alle Aufgabenbereiche einer Kommune für eine IKZ. Wir beraten daher angefangen von der Zusammenarbeit einzelner Abteilungen über den Gemeindeverwaltungsverband bis hin zu einer Fusion von Kommunen.

Mirko Nowotny: Also, um es gleich klar zu stellen: Wir streben politisch nicht den Zusammenschluss mit einer anderen Kommune an! Wir wollen eine selbstständige Gemeinde bleiben, suchen aber durchaus auf der Ebene der einzelnen Abteilungen die Kooperation mit unseren Nachbarn…

Claus Spandau: Verstehe- ist aber auch in Ordnung, denn es gibt auch so genug Potential für eine IKZ! Zu Beginn raten wir immer zu einer Zusammenarbeit im sog. „Back-Office“-Bereich, d.h. in denjenigen Bereichen einer Kommunalverwaltung, die nicht den Bürger berühren. Das kann beispielsweise die Stadtkasse sein, oder auch das Ordnungsamt… Generell muss es aber das Ziel sein, dass durch die Zusammenarbeit die Qualität der abgelieferten Leistung für die Bürger gesteigert wird. Eine IKZ nur um der IKZ-willen bringt überhaupt nichts.

Mirko Nowotny: Wie können wir uns das vorstellen?

Claus Spandau: Na ja, nehmen Sie zum Beispiel den Bereich des Ordnungsamtes OA. Wie oft kommt es in einer kleinen Kommune vor, dass eine Demonstration oder ein sog. „gefährlicher Hund“ angemeldet wird? Nicht oft, und dementsprechend wacklig sind oft die Bescheide. Haben wir jetzt jemanden in einer Gemeinde, der so etwa für ein oder zwei andere Kommunen mitmacht, so setzt die Spezialisierung ein, der Angestellte hat tiefere Kenntnisse und kann dementsprechend sicherer agieren. In den kleinen Kommunen müssen die einzelnen Angestellten ja oft eine Vielzahl von Fachgebieten abdecken, sie sind Generalisten, was manchmal nicht einfach ist.

Mirko Nowotny: Gibt es denn Beispiele für eine gute Zusammenarbeit auf Abteilungsebene?
Claus Spandau: Ja, die gibt es zuhauf! Auf der Homepage unseres Zentrums finden Sie Auflistungen von geglückten IKZ-Kooperationen. Aber um einmal konkret zu werden:

  • Die Städte Usingen und Neu-Anspach im Hochtaunuskreis haben ein gemeinsames Ordnungsamt gegründet, das läuft schon seit Jahren sehr gut.
  • Im Kassenwesen haben die Städte Königsstein und Kronberg eine gute Gemeinschaftskasse gegründet (gleicher Landkreis)
  • Auch hier im Landkreis Gießen gibt es eine gut funktionierende Gemeinschaftskasse von Pohlheim, Fernwald und Linden
  • Die Stadt Obertshausen im Landkreis Offenbach hat eine Personalabteilung aufgebaut, welche Aufgaben für die Nachbarkommunen mit übernimmt.
  • Sehr gut sind auch gemeinschaftliche Submissions- und Vergabestellen im Baubereich. Bedingt durch unsere Rechtsprechung ist das Thema so komplex geworden, dass im Grunde jede Kommune alleine davon überfordert ist unterhalb einer gewissen Größe. Halten sich mehrere kleine Gemeinde so eine Stellen, so gibt das immer eine spürbare Verbesserung bei der Abwicklung der gemeindlichen Bautätigkeiten.

Mirko Nowotny: Und was tut sich oberhalb dieser Ebene? Wir hier in Oberhessen haben ja durchaus verfolgt, dass sich im Odenwald in Richtung Neckar mehrere sehr kleine Kommunen zur neuen Stadt Oberzent zusammen geschlossen haben?

Claus Spandau: Da gibt es Licht und Schatten. Es gibt mehrere Fälle, wo die Politik und die Bürgerschaft Pläne zu einem Zusammengehen von Kommunen verhindert haben. So ist Jahren ja schon die Fusion von Michelstadt und Erbach gescheitert, ebenso auf parlamentarischer Ebene hier bei uns in der Gegend die Fusion von Kirtorf und Antrifttal im Vogelsberg.
Andererseits gibt es neben Oberzent auch den positiven Ausgang beim Zusammengang von Wahlsburg und Oberweser zur neuen Gemeinde „Wesertal“. Die beiden hatten schon auf Abteilungsebene zusammengearbeitet, und dann kam der Entschluss zur Fusion, was wir mit 530000€ gefördert haben.
Aktuell reden in Marburg-Biedenkopf die drei Kommunen Wetter, Lahntal und Münchshausen über einen Zusammenschluss, ebenso Fronhausen, Lohra und Weimar.
Im Knüll wollen mehrere Gemeinden der sog. „Heckenschwalm“ zusammen gehen, im Altkreis Frankenberg disputieren Allendorf/Eder und Bromskirchen über eine Fusion… Ganz wichtig! Das Moment des Scheiterns ist hier immens hoch. Ich rate immer die Bürger rechtzeitig mitzunehmen, sonst gibt es am Ende lange Gesichter! Am besten fährt man, wenn man relativ früh schon einen Bürgerentscheid dazu ansetzt, dann weiß´ die Politik woran Sie ist!

Mirko Nowotny: Wie gesagt, ein faszinierendes Thema, doch wollen wir über die Zusammenarbeit einzelner Abteilungen reden.

Claus Spandau: Das ist ja das Schöne an der IKZ. Alles ist vorstellbar, aber nichts muss passieren- außer die Not ist schon sehr groß!

Mirko Nowotny: Haben Sie denn weitere Beispiele für IKZ hier bei uns im Nahbereich?

Claus Spandau: Aber ja, je mehr ich erzähle, desto mehr fällt mir ein! Neben der Gemeinschaftskasse im Teilbereich Süd des Landkreises fällt mir da die sehr gute Zusammenarbeit auf der Ebene der Feuerwehren ein- hier gibt es ja ein nachvollziehbares Punktesystem und ein geschlossenes Vorgehen bei der Anschaffung von Fahrzeugen und Gerät sowie dem Ausbau der Feuerwehrhäuser.
Die IKZ „Cybersicherheit“ des Landkreises ist ebenfalls eine bemerkenswerte Sache, hier genügen die Kommunen und der Landkreis gemeinsam den Herausforderungen des Datenschutzes und dem immer höheren Anforderungen der digitalen Welt.

Mirko Nowotny: Gemeinsam mit der Gemeinde Wettenberg hat ja die Gemeinde Heuchelheim einen Vorschlag ausgearbeitet, auf welchen Gebieten noch zwischen den beiden Kommunen zusammengearbeitet werden kann…

Claus Spandau (fällt ins Wort): Wo arbeiten die Beiden denn schon zusammen?

Mirko Nowotny: Da ist schon einiges passiert. Es gibt einen gemeinsamen Tourismusbeauftragten der vier Kommunen im Gleiberger Land, im Standesamtswesen gibt es einen regen Austausch der Standesbeamten, so ist immer die Versorgung der Bürger gewährleistet, und im OA gibt es einen Messverbund von sieben (!) Kommunen sowie im Gleiberger Land einen gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirk.

Claus Spandau: Das hört sich doch gar nicht schlecht an! Und was wird nun vorgeschlagen?

Mirko Nowotny: Wir planen die Stellenausschreibungen eventuell gemeinsam zu machen, so gibt es zukünftig keine Dopplungen mehr. Wir überlegen die Reinigungsarbeiten künftig gemeinsam auszuschreiben, so haben wir eine bessere Verhandlungsposition. Auch eine gemeinsame Beschaffung könnte ein Weg sein, ebenso die von Ihnen angesprochene Vergabestelle.

Weiter könnten wir eine gemeinsame Controlling-Stelle andenken, ebenso ist eine Gemeinschaftskasse der Anfang unserer Zusammenarbeit. Im Bereich des Ordnungsamtes könnten wir gemeinsame Hilfspolizisten haben, auch eine zentrale Bearbeitung der Spielhallenproblematik oder der Fischereischeine.
Darüber hinaus könnte ein gemeinsamer Kostenrechner, ein Vergleichsring zwischen beiden Gemeinden sowie ein gemeinsames Vorgehen bei der Bewältigung der Datenschutzgrundverordnung sehr sinnvoll sein.

Claus Spandau: Ich sehe, Heuchelheim ist auf dem richtigen Weg. Es ist ja keine Kommune in einer absoluten Notlage, deswegen ist das Vorgehen in kleinen Schritten genau das Richtige, auch das bringt etwas! Mein Rat: Mit „leichten“ Sachen wie dem Aufbau einer Gemeinschaftskasse und anderen Bereichen des Back-Office anfangen, und sich dann immer weiter vorarbeiten!

Mirko Nowotny: Das werden wir tun! Und wir werden Sie immer mal wieder bei Neuigkeiten auf dem Laufenden halten!

Claus Spandau: Einen Hinweis hätte ich noch zum Abschluss- wer noch mehr wissen möchte, kann sich über unsere Homepage „ikz-hessen.de“ gut informieren.

Mirko Nowotny: Danke für das Gespräch!

Interessierte Bürger und Bürgerinnen aus Heuchelheim und Kinzenbach, welche noch Fragen haben oder Anregungen für eine interkommunale Zusammenarbeit geben möchte, können dies gerne unter der E-Mail-Adresse mirko.nowotny@web.de tun- Sie sind herzlich eingeladen!

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